
Ein Artikel vom 11.6.2012 aus der – leider inzwischen eingestellten – Financial Times Deutschland. Immer noch sehr aktuell für das Thema! Er enthält nützliche Hinweise für ein effektives Forderungsmanagement. Im Vordergrund stehen eine zeitnahe und korrekte Rechnungsstellung sowie ein konsequentes Mahnwesen.
(Zitatanfang) „SCHNELL WIEDER FLÜSSIG: Kunden mit schlechter Zahlungsmoral lassen bei Unternehmen leicht das Geld knapp werden. Dagegen hilft ein professionelles Rechnungsmanagement. Von Sarah Sommer
Alte Unternehmerweisheit: Nur bezahlter Umsatz ist guter Umsatz! Wenn die Vertriebsexperten ihre Arbeit gemacht haben und die bestellte Ware oder Dienstleistung pünktlich beim Kunden abgeliefert wurde, können Unternehmer sich längst noch nicht entspannt zurücklehnen. Das verdiente Geld soll schließlich möglichst schnell aufs Konto – und nicht als offene Forderung über Wochen oder Monate in den Zahlen stehen.
Die „Forderungen aus Lieferung und Leistung“ machen mit mehr als 30 Prozent in den meisten Unternehmen einen der größten Posten ihrer Bilanzsumme aus. Wer offene Forderungen nicht zügig eintreibt, dem fehlen im Unternehmensalltag schnell die flüssigen Finanzmittel. „Wenn Unternehmen ihre Liquiditäts-Situation verbessern wollen, lohnt sich oft zunächst ein genauer Blick auf die offenen Forderungen und den Prozess der Rechnungsstellung“, sagt Andreas Liedtke, Senior Manager für Finanz- und Treasury-Management bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Allzu oft gehe beim Ausstellen von Rechnungen und Mahnungen wertvolle Zeit verloren, weil die Unternehmensprozesse nicht optimal aufeinander abgestimmt seien.
Haar in der Suppe als Vorwand für Zahlungsaufschub
„Ein professionelles Rechnungsmanagement fängt schon damit an, dass die Rechnung tatsächlich sofort nach der Leistungserbringung erstellt wird“, erklärt Liedtke. Der Vertrieb und die Fachabteilungen müssen dazu immer gleich alle notwendigen Rechnungsinformationen an die Buchhaltung melden. „Die vorgelagerten Prozesse müssen so gestaltet werden, dass relevante Informationen wie etwa Leistungszettel, Stundennachweise oder Materialverbrauch zum Stichtag bereitstehen.“
Die Rechnungsdaten müssen aber nicht nur möglichst schnell im Buchhaltungssystem landen – sondern auch korrekt sein. Fehlerhafte oder unklare Rechnungen lassen den Kunden rückfragen, was den Zahlungsverkehr der Unternehmen verzögert. „Nicht selten bemängeln Kunden einzelne, nicht hundertprozentig korrekte Rechnungspositionen – und weigern sich dann, die gesamte Rechnung zu bezahlen.“
Unstrittige Teilbeträge gleich einfordern
Bei solchen Reklamationen beginne dann in vielen Unternehmen ein regelrechter „Belegtourismus“: Die Buchhaltung schickt die Rechnung zur Prüfung an die Fachabteilung. Von dort geht es weiter an den Vorlieferanten und so weiter. Bleibt der Beleg auf jedem Schreibtisch eine Weile liegen, vergehen schnell Wochen, bevor der Kunde eine Rückmeldung auf seine Reklamation erhält. „Manche Kunden setzen solche Reklamationen durchaus auch gezielt ein, um die Zahlung ihrer Rechnung zu verzögern“, sagt Liedtke. „Gerade deshalb muss es in solchen Fällen besonders schnell gehen.“ Ein Mitarbeiter der Buchhaltung müsse für Reklamationen zuständig sein und die strittigen Rechnungsposten überprüfen.
Aber: „Bevor man sich wochenlang mit Kunden über Teilbeträge streitet und nach dem Schuldigen recherchiert, kann es sinnvoll sein, einen Kompromiss zu schließen“, rät der Liquiditäts-Experte. Gerade bei Sammelrechnungen über große Beträge könne sonst ein kleiner Teilbetrag wichtige Zahlungen lange blockieren.
Konsequent mahnen
Ein übersichtlicher Rechnungsaufbau hingegen beschleunige die Zahlungen immens, erklärt der Berater. Deshalb sollten Unternehmen in der Rechnung zum Beispiel unbedingt ein konkretes Datum nennen, zu dem die Zahlung fällig wird. Das ist für den Kunden eindeutiger als ein Zeitraum wie „fällig 14 Tage nach Erhalt“. „Für den Kunden ist dann auf den ersten Blick klar: Ab diesem Datum beginnt der Zahlungsverzug und ein Mahnprozess droht.“ Bis Unternehmen ihre zahlungsfaulen Kunden tatsächlich mahnen, vergeht allerdings oft zu viel Zeit – auch, weil die Zahlungseingänge nicht oft genug überprüft werden. „Der Mahnprozess wird heute bei vielen Unternehmen immer noch stiefmütterlich behandelt – zu Unrecht“, bemängelt Liedtke.
Mindestens einmal wöchentlich sollten Unternehmen einen Mahnlauf initiieren – also überfällige Rechnungen herauspicken und die Kunden freundlich, aber bestimmt auf die Verspätung aufmerksam machen. Zahlt ein Kunde häufig zu spät, kann es sogar sinnvoll sein, ihn von vorneherein bei jeder Rechnung kurz vor dem Fälligkeitsdatum persönlich an seine Zahlungsverpflichtung zu erinnern, etwa durch einen Telefonanruf. Sollte dann tatsächlich trotzdem Mahnungen erforderlich werden, müssen Unternehmer konsequent durchgreifen, empfiehlt Liedtke: Auf die erste Mahnung mit Nachfrist folgt direkt eine weitere Mahnung, in der finanzielle Konsequenzen oder die Einschaltung eines Inkassobüros angedroht werden.“ (Zitatende)
Meiner Erfahrung zufolge kann dieser höchst wirkungsvolle Prozess nur dann sein volles Potential entfalten, wenn alle seine Teilprozesse konsequent durchgezogen werden. Das kann besonders in den Fällen auch umstritten sein oder gar etwas bitter werden, wenn es Richtung Inkasso oder Rechtshängigkeit geht. Jedoch hängt letztlich daran die Glaubwürdigkeit der gesamten Vorgehensweise. Die Kunden sehen halt wie der Rechnungssteller auf ihre Zahlungsmoral reagiert und verhalten sich entsprechend.