
Unterschiedliche Zahlungsströme überbrücken – Finanzierung von Vorleistungen
„Für Mittelständler ist die Phase eines wirtschaftlichen Aufschwungs eine gefährliche Zeit – und viele ahnen es nicht einmal“. So ein Kollege von mir. Jeder freut sich über neue Aufträge (gut), unterschätzt aber (schlecht), dass zusätzliche Ressourcen dazu (insbesondere Material) in großem Umfang früher bezahlt werden müssen als die Geldeingänge aus dem Umsatz auf das Bankkonto fließen. Anschaffung von z.B. Anlagen und Maschinen, neue Produkte auf den Markt bringen, Expansionen in das Ausland oder auch ein grösserer Kundenauftrag allein, welcher längere Zeit für die Fertigung und Auslieferung braucht: all diesen Beispielen ist gemeinsam, dass in sie recht beträchtliche Summen anfangs investiert werden müssen – und diese Summen liegen selten auf dem Konto und können auch fast nie ausschließlich aus den Umsatzeinnahmen finanziert werden. So müssen wir vor einer Entscheidung über ein Projekt oder über die Hereinnahme eines besonders großen Kundenauftrages bis zum Konto durchrechnen, wie hoch der entsprechende Finanzierungsbedarf sein wird. Denn am Anfang stehen sehr hohe Auszahlungen, welche erst über viele Monate und Jahre wieder über den Umsatz hereinkommen. Um unsere Liquidität in dieser Phase zu gewährleisten, müssen wir somit eine Brücke schlagen und zwar zwischen relativ vielen frühen und hohen Ausgaben und relativ wenigen späteren und vergleichsweise niedrigen Einnahmen, welche nur nach und nach auf unser Konto fließen. So manches an sich profitable Unternehmen, dessen Auftragsbuch schnell dicker wurde und drauf und dran war, einen guten Geschäftserfolg zu erwirtschaften, könnte heute noch existieren, wenn es diesen Sachverhalt beachtet hätte.
Berechnung der Zahlungsströme
Dies passiert prinzipiell in zwei Schritten. Zuerst müssen für das betreffend Projekt die Ausgaben sowie die Einnahmen, welche zusätzlich genau durch dieses Projekt verursacht werden, identifiziert und sorgfältig berechnet werden. Auf der Ausgabenseite können dies z.B. der Preis für die Anlage selber, Anlieferung/Transport, Installations- und Schulungskosten und die relevanten Steuern und Zölle sein. Bei grösseren Kundenaufträgen oder kräftigen Wachstumsschüben bei den Auftragseingängen muss z.B. das entsprechende Material bestellt und ggf. auch zusätzliches Personal eingestellt werden. Vielleicht müssen Sie auch noch weitere externe Dienstleistungen einkaufen. All dies muss zuerst meistens vollständig oder in Raten mit grösseren Beträgen bezahlt werden, lang bevor die entsprechenden Einnahmen, hauptsächlich aus dem Umsatz, kommen. Das Augenmerk der sorgfältigen Berechnung sollte hier auf den nächsten 6 bis 12 Monaten liegen, weil diese Zeit für die Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit besonders kritisch ist und die Zahlungsströme genau beobachtet werden müssen. Bei Abweichungen zum Plan sind schnell die notwendigen Korrekturen vorzunehmen. Ergänzend dazu Am Anfang war der Umsatz
Finanzplanung
Die so ermittelten Ein- und Ausgaben müssen nun in die Finanzplanung des Unternehmens eingearbeitet werden. Diese Planung sollte aus einer Gewinn- und Verlustrechnung sowie einer damit integrierten Liquiditätsplanung und -kontrolle bestehen. Hierzu sind am Markt eine ganze Reihe von effektiven, vglw. leicht handhabbaren sowie auch erschwinglichen Softwareprodukten vorhanden. Sofern die Rohdaten, also die ermittelten Ein- und Ausgaben zu den betreffenden Zeitpunkten, vorliegen, versetzt eine passende Software zur Finanzplanung uns in die Lage, den Finanzierungsbedarf innerhalb von Stunden zu errechnen. Als Ergebnis wird dann im Finanzplan die Höhe als auch der Zeitpunkt (in der Regel der Monat/die Monate) des Finanzierungsbedarfes klar ersichtlich. Dies ist die entscheidende Grundlage für die Finanzkommunikation mit potentiellen Geldgebern, z.B. Banken oder Investoren. Jetzt besteht die Möglichkeit, frühzeitig mit diesen den Finanzierungsbedarfs und seine Deckung zu diskutieren – und dies sollte auf Offenheit bei den Geldgebern stoßen, den es geht ja um die Finanzierung und Teilhabe an einer positiven Entwicklung.
Achtung: die vorangegangenen Überlegungen basieren auf der Annahme, dass die Möglichkeiten zur Selbstfinanzierung durch den generierten cashflow des neuen Vorhabens maximal genutzt (siehe auch Interne Kapitalfreisetzung und Liquiditätsoptimierung )werden. Sollten dagegen Gewinnentnahmen oder Ausschüttungen an Investoren geplant oder zwingend zu leisten sein, so muss der Bedarf der Fremdfinanzierung (z.B. Darlehen) um diese Summe höher sein.