
Einführung
Dieses Thema des Asset Management hat schon viele frustriert, verzweifelt und evt. gar versucht „aus dem Fenster zu springen“…….. Allerdings ist es kein Hexenwerk, die Vorräte unter Kontrolle zu halten – jedoch ist „Stehvermögen“, d.h. Konsequenz und Ausdauer, gepaart mit diplomatischem Fingerspitzengefühl, vonnöten. Die Vorratshaltung ist eng mit der Ressourcenbeschaffung und der Auftragsabwicklung verzahnt und mit konkurrierenden Interessen mehrerer Abteilungen befrachtet, z.B.: „Soll zwar immer das Beste aber zugleich auch das Billigste sein!“ oder „Wenn wir den Lieferanten im Preis so weiterdrücken, liefert der nur noch Gelumpe, und das noch unpünktlich!“. So jammert oft der Einkauf. Im Grunde müssen Sie eine ausreichende Verfügbarkeit sowie eine konstant gute Qualität zu einem günstigen Preis sicherstellen. Das ist eine Gratwanderung; aber wozu?
Nutzen
Eine Optimierung der Vorräte im Lager durch konsequentes Working Capital & Asset Management kann die Liquidität erheblich entlasten. Warum z.B. 4000 Stück („war ja n’guter Preis!!!“) bestellen, wenn 1000 Stück für die nächsten 4-6 Wochen reichen? Sie dürfen nicht nur die Preise und Anlieferkosten berücksichtigen, sondern auch das Geld, welches in der eigenen Kasse bleibt, anstatt in jene des Lieferanten zu wechseln – wo es für unsere eigenen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr verfügbar ist. Beispiel: Von einem Lagerbestand von €1’000.000 Jahresdurchschnitt, der ca. 4 Monate Reichweite hinsichtlich des Fertigungsprogramms repräsentiert, würden Sie eine Viertel- bis Halbe Million auf Ihrem Konto statt im Lagerregal haben, sofern Sie durch gute Disposition, Bestellung und ggf. weitere Massnahmen die Reichweite um 1-2 Monat kürzen. Ausserdem hätten Sie die Chance, bei einem Zinssatz von ca. 5%, €12.500 bis €25.000 Zinskosten im Jahr zu sparen. Und Achtung: Überhöhte Bestände bergen – besonders in hoch technisierten Betrieben, aber auch generell – die Gefahr einer schnellen Veralterung. Diese Materialien können Sie dann entweder nicht mehr nutzen oder nicht mehr verkaufen. Resultat: wegwerfen und neues, aktuelles Material kaufen, was die Liquidität zusätzlich belastet. Welche Massnahmen bieten sich nun, um das Thema „in Schach“ zu halten:
Massnahmen zur Kapitalfreisetzung bzw. zur Limitierung der Kapitalbindung
- Realistische Umsatzplanung sicherstellen. Wer viel verkaufen will, produziert auch viel. Wer viel produziert, muss auch viel einkaufen. Wer viel einkauft, zum Schluss aber doch nicht viel verkauft, hat ein Problem – das Geld ist jetzt im Lager oder in der Werkstatt gebunden anstatt dort, wo es hingehört: auf dem Konto oder in der Kasse.
- Für kurze Beschaffungslaufzeiten sorgen. Das macht die Versorgung flexibler (man kann Lieferungen eher mal vorziehen oder verschieben) und die Zahlungen, die für viele kleine Lieferungen anstatt wenige grosse Lieferungen fällig werden, sind jeweils geringer..
- Anwenderfreundliche IT-Unterstützung in Disposition. Einfach zu bedienende DV-Verfahren können dem Disponenten helfen, kurz und simpel seine Entscheidung hinsichtlich Versorgungsgrad und Lagerbestandsniveau zu überprüfen – und zwar bevor er seine Entscheidung „scharf macht“ und die Bestellung auslöst.
- Standardisierung von Materialien: „Typen und Teile“. 1000 einzelne Materialtypen sind einfacher und günstiger zu disponieren als 2000. Sie sind vielseitiger einsetzbar und das Überbestandsrisiko bleibt überschaubar.
- Ausreichende (vs. reichliche) Sicherheitsbestände. Nur das, was mit Blick auf die Wiederbeschaffungszeit im Betrieb/Leistungserstellung in einer überschaubaren Zeit auch wirklich gebraucht wird. Alles andere bindet zuviel Kapital, belastet die Liquidität und riskiert Überalterung(teuer!)
- Nur eine Stelle im Betrieb hält Sicherheitsbestände – und sonst niemand!!! Noch nicht mal der Meister in der Fertigung in seinem Geheimfach………
- Zielabstimmung: Kapitalbindung vs. Materialpreissenkung . Eine geringe Kapitalbindung fordert Beschaffungsrythmen , die mit einer aggressiven Materialpreissenkung konkurrieren. Die kaufmännische Leitung muss beide Themen miteinander abstimmen und entsprechend die Vorgaben machen. Es sollte vermieden werden, dass die Disposition bzw. der Einkauf einerseits für zu hohe Bestände und gleichzeitig für zu bescheidene Materialpreissenkungen verantwortlich gemacht werden. Frustration führt zu Resignation – und die Motivation und damit die Chancen in dem Thema sind dahin.
- Schärfung des Liquiditätsbewusstseins im Einkauf. Workshops, Training, Beispiele, best-practice, etc. etc. etc.
- Verkauf von Über-(oder sogar auch Alt-)beständen. Da war das Kind zwar schon in den Brunnen gefallen, jedoch kann sich trotzdem ein nettes Sümmchen „zusammenläppern“, wenn man das konsequent betreibt.
- Logistische Strategien: Just-in-time, ship-to line, Konsi-Läger für A- und evt. B-Teile (QUALITÄT!). Senkt Kapitalbindungskosten sehr wirkungsvoll. Allerdings müssen Sie sich 100%ig auf die Anlieferqualität und -pünktlichkeit verlassen können. Am besten schließen sie für kritische Materialien Qualitätssicherungsverträge ab. Beachten Sie, dass auch der Lieferant, für den die eine oder andere Massnahme dabei mit Kosten verbunden sein kann, für seine Kooperation in diesem Feld etwas abhaben will. Auch dieses Thema konkurriert häufig, aber nicht immer, mit dem Ziel der Materialpreissenkung.
- Fremdvergabe von Produktionsschritten. Sehr einschneidende, schon strategische Maßnahme. Ein dringender Rat dazu: sourcen Sie niemals Probleme aus, d.h. technisch schlecht oder ineffizient laufende Prozesse nach dem Motto „Hauptsache weg damit!“. Das wird ein Bumerang. Verbessern Sie das, was Sie selbst verbessern können und dann – und nur dann! – vergeben Sie den Prozess/das Gewerk an jemanden, „der es noch besser kann“ – und noch kostengünstiger.