
Hier geht es vor allem um die Freisetzung von Mitteln für eine andere Verwendung im Unternehmen, wie auch um die permanente Absicherung und Optimierung der Liquidität – und zwar über längere Zeit. In diesem Artikel betrachten wir Maßnahmen im operativen Bereich; Stichwort: Asset Management, insbesondere Forderungen sowie Vorräte an Rohstoffen, Werkstattbeständen und Fertigerzeugnissen. Diese Bilanzpositionen liegen im Fokus der Working Capital Optimierung. In weiteren Artikeln werden strategische bzw. planerische Gesichtspunkte behandelt.
Das Asset Management richtet sich auf die effiziente Handhabung der Einkommensquellen und Ressourcen für den laufenden Betrieb.
Forderungen ( siehe auch Forderungsmanagement)
1. Zuallererst nenne ich hier einen besonders lohnenden Bereich des Asset Managements und für die Liquidität sehr entscheidend: die Forderungen, also den zu erwartenden und als solchen (hoffentlich!?) gebuchten Geldeingang von Seiten der Kunden, welcher pünktlich und vollständig sein soll und entsprechend verfolgt werden muss. Typische Maßnahmen wären z.B. eine zeitnahe und korrekte Rechnungsstellung der Leistungen, Abrechnung von Teilleistungen, die Kontrolle der Geldeingänge, periodische Prüfung ausstehender Forderungen („aging analysis“), das konsequente Schreiben von Mahnungen, gezielte Sondermaßnahmen, u.U. unter Beteiligung der Unternehmensleitung, dies gerade bei Kunden welche längere Zeit säumig sind bis hin zu Inkassoprozeduren und juristischer Unterstützung. Beispiel: Sie haben im Jahresschnitt €500.000 Euro an Forderungen in den Büchern, wovon Sie auf die Bezahlung von durchschnittlich €200.000 länger als die vereinbarten 14 Tage warten. Falls durch rasche und korrekte Rechnungsstellung und konsequentes Nachfassen es gelingt, wenigstens die Hälfte oder gar 3/4 diese Betrages annähernd pünktlich zu erhalten, so hätten Sie ggü. vorher dauernd €100.000 – €150.000 mehr in der Kasse zur Begleichung Ihrer Verbindlichkeiten zur Verfügung. Das nimmt schon einen Teil vom Stress weg. Im übrigen sparen Sie auch – je nach Zinssatz – ca. €4.000 bis €7.000 Zinskosten und entlasten dadurch die Kasse zusätzlich.
Weiterhin rate ich dazu, sog. Problemkunden nur gegen Vorkasse bzw. Zug um Zug zu beliefern. Achten Sie auch darauf, dass Ihr Vertrieb nicht etwa dabei ist, gerade diesen Kunden Sonderangebote, noch dazu unter vorteilhaften Zahlungskonditionen, schmackhaft zu machen…..
Im übrigen kann ich nur wärmstens empfehlen, Lieferungen in das Ausland, besonders in Entwicklungs- aber auch einige andere Länder, nur gegen entsprechende und vorherige Absicherungen wie z.B. Akkreditiv oder andere geeignete Instrumente zu tätigen. Wer dies vernachlässigt, sollte sich über Probleme mit der (Nicht)Bezahlung nicht wundern……
Sofern es sich nicht um einen Barverkauf handelt, sollte bereits vor dem Geschäft geklärt werden, inwiefern der betroffene Kunde prinzipiell kreditwürdig ist und man sein Geld für die eigene Leistung am Ende des Zahlungszieles auch bekommt. Oder würden wir jemandem, sagen wir mal €15.000 für 4-6 Wochen „leihen“ (auch als Lieferungen und Leistungen in natura), den wir persönlich wie auch seine Verhältnisse überhaupt nicht kennen?
Die Erfahrung zeigt uns, dass trotz aller Mühen der Geldeingang teils beträchtliche Schwankungen der Höhe und des Termins nach beinhaltet und manchmal sogar sehr schwer planbar ist. Mittels Factoring kann der Geldzufluss aus Lieferungen und Leistungen, gegen individuell zu ermittelnde Gebühr, wesentlich besser planbar gemacht werden, wobei auch eine Versicherung gegen Ausfälle von Forderungen beinhaltet sein können. Ich verweise auf den Artikel unter dem link Factoring..
Anzahlung
2. Wann immer möglich sollten mit dem Kunden Anzahlungen vereinbart werden. Dies gilt besonders für Geschäfte mit hohem Materialanteil oder – z.B. technisch bedingten – langen Herstellzeiten. Idealerweise decken die Anzahlungen die Materialkosten wie auch ggf. weitere Positionen ab, welche längere Zeit vorfinanziert werden müssen. Es ist das Ziel, dass diese Vorfinanzierung soweit wie möglich der Kunde übernimmt und somit die eigene Kapitalbindung und Liquiditätsbelastung in Grenzen bleibt. Beispiel: Bei einem Auftragswert von €50.000 und einem Materialanteil von 45% wären mit einer Anzahlung von 50% etwas mehr als die 100%ig variablen Materialkosten finanziert. Dafür brauchen Sie dann keinen Kredit oder Dispo.
Falls ein Kunde auf Anzahlungen, welche für solche Geschäfte oder auch in der Branche durchaus üblich sind und der Kunde eigentlich kein Problem damit haben dürfte, nicht eingeht und etwa noch kaltschnäuzig mit „Machen wir nicht!“ vom Tisch bürstet, ist VORSICHT geboten. In solchen Fällen sollte man besser 2-3 mal überlegen, ob man mit diesem Kunden ein Geschäft machen will. An dieser Stelle kann man u.a. vielleicht schon erahnen, inwiefern der Kunde es auch wirklich ernst meint mit dem Geschäft und Sie hinterher nicht auf den fertigen Beständen, d.h. bestellten Produkten „sitzen lässt“.
Vorräte ( siehe auch Vorräte )
3. Eine Optimierung des Working Capital, das in den Vorräten im Lager (oder auch auf Baustellen, sog. unverrechnete Lieferungen und Leistungen) gebunden ist, ist besonders lohnend und wird ebenfalls die Liquidität sehr entlasten. Warum z.B. 4000 Stück („war ja n’guter Preis!!!“) bestellen, wenn 1000 Stück für die nächsten 4-6 Wochen ebenfalls reichen? Bei dieser Überlegung sind nicht nur die Preise und Anlieferkosten zu berücksichtigen, sondern andererseits auch das Geld, welches in der eigenen Kasse bleibt, anstatt in jene des Lieferanten zu wechseln – wo es nun für unsere Zahlungsverpflichtungen nicht mehr verfügbar ist. Beispiel: Von einem Lagerbestand von €1’000.000 Jahresdurchschnitt, der ca. 4 Monate Reichweite hinsichtlich des Fertigungsprogramms repräsentiert, würden Sie eine Viertel- bis Halbe Million auf Ihrem Konto statt im Lagerregal haben, sofern Sie durch gute Disposition, Bestellung und ggf. weitere Maßnahmen die Reichweite um 1-2 Monat kürzen. Ausserdem hätten Sie zusätzlich die Chance, bei einem Zinssatz von ca. 5%, €12.500 bis €25.000 Zinskosten im Jahr zu sparen. Und Achtung: Überhöhte Bestände bergen – besonders in hoch technisierten Betrieben, aber auch generell – die Gefahr einer schnellen Veralterung. Diese Materialien kann man dann entweder nicht mehr nutzen oder nicht mehr verkaufen. Resultat: wegwerfen und neues, aktuelles Material kaufen, was die Liquidität zusätzlich belastet.
Die Erfahrung zeigt, dass ein konsequentes Working Capital Management in diesem Bereich – wie auch im Bereich der Forderungen – das größte Verbesserungspotential aufweist.
Lieferverbindlichkeiten (siehe auch Lieferverbindlichkeiten )
4. Auch im Bereich der Lieferverbindlichkeiten lässt sich die Kasse schonen – und zwar nicht nur durch die Verhandlung von Materialpreissenkungen oder günstigen Zahlungsbedingungen. Neben vernünftigen Bestell- bzw. Anliefermengen (siehe Punkt 3.) könnte z.B. auch ins Auge gefasst werden, inwiefern ein Lieferant besonders von teurem Material, sog. A-Teilen, eine bestimmte Menge bei sich auf Lager hält, diese für Lieferungen an uns reserviert aber erst angeliefert und berechnet werden, wenn wir zeitnah für die Herstellung abrufen („just in time“). Schont nicht nur die Liquidität und Finanzierungskosten, sondern spart auch Lagerplatz und Lagerbetriebskosten; kann sogar dazu führen, eine ganze Lagerstätte zu schliessen, was oftmals eine signifikante Einsparung bringt. Hier lohnt es sich generell, einen Kostenvergleich zu rechnen. Von einer Einsparung an Mieten, Nebenkosten sowie Personal- und Betriebskosten (da kommt schnell was zusammen) kann man dann seinem Lieferanten gerne etwas abgeben, z.B. in Form moderater Aufschläge auf den Einkaufspreis. Allerdings muss man sich bei diesem Thema sicher sein, dass die Qualität der Anlieferungen einwandfrei ist und die Fertigung nicht gestört wird. Ich rate in diesem Zusammenhang zur sorgfältiger Auswahl der Lieferanten, z.B. nach Qualität vergangener Anlieferungen, Dauer der Geschäftsbeziehung, Behandlung von Mängelrügen etc….. Ein Qualitätssicherungsvertrag sollte auf alle Fälle abgeschlossen werden.
Kostensenkung (Siehe auch Kostenreduzierung)
5. Kostenreduzierungen schonen natürlich immer die Kasse und heben ceteris paribus den Geschäftserfolg. Die Frage ist nur, wann welche Art von Kostenreduzierungen zum Tragen kommen. Das kann bei Produktionsmaterial (Materialpreissenkung, Wertanalyse), Personal (direkte Löhne, Verwaltungsgehälter), Betriebs-und Geschäftsausstattung, Finanzierungskosten(Zinsen, Bankgebühren) oder Vertriebs- und Verwaltungskosten (Mieten, Reisen, Veranstaltungen, Marketing/Werbung, Telekommunikation, Energie etc. etc. etc.) sehr unterschiedlich sein. Hier muss man einfach die Kostenstruktur prüfen und sich dann ehrlich fragen, ob dieser oder jener Posten wirklich notwendig (man könnte beinahe sagen: lebenswichtig) oder lediglich „nice to have“ ist. Aus Erfahrung darf ich sagen, dass sofern nicht vor kurzem eine entsprechende Aktion oder Programm stattgefunden haben: „a bissl was geht immer“. Es lohnt im allgemeinen den Aufwand , um dieses Potential zu heben.
Prozessoptimierung
Alle o.a. Punkte erledigen sich natürlich nicht bloß per Entscheidung und dann einfach so von allein. Es müssen in allen relevanten Bereichen des Asset Management sämtliche betriebswirtschaftlichen/kaufmännischen Prozesse durchleuchtet, verbessert oder gar neu geschaffen werden. Ein Prozess wäre zum Beispiel das Rechnungsmanagement an Kunden. Hier ginge es dann um Input aus der leistenden Abteilung, zeitnahe Rechnungsstellung, Prüfung auf Korrektheit, Versendung an den Kunden, Buchung im System, periodische oder Fall-zu-Fall Kontrolle, Nachfassen/Mahnungen usw. – bis Geld in Kasse oder auf Konto! Hauptaugenmerk muss auf einer logischen Abfolge wohl beschriebener Prozesschritte liegen, sowie auf der klaren Zuteilung der Verantwortung für jeden Prozesschritt. Mein Tip dazu: den Prozess möglichst einfach und leicht überschaubar gestalten. Dies ist gut für die Akzeptanz durch die Mitarbeiter und Schwächen treten ggf schneller zu Tage. Der Gesamtprozess sollte durch ein Flussdiagramm o.ä. sowie entsprechende Erläuterungen dokumentiert und bei Änderung aktualisiert werden. Für den Gesamtprozess ist ebenfalls ein (Gesamt)Verantwortlicher zu ernennen, der den Prozess „im Auge behält“oder aufgrund konkreter Vorfälle eingehend prüft und geeignete Interventionen moderiert. Zugegeben: das „artet richtig in Arbeit aus“. Jedoch ist es m.E. der wirkungsvollste Weg, um im laufenden Geschäftsbetrieb die Liquidität zuverlässig abzusichern. An dieser Stelle würde natürlich unbedingt das Controlling für das Asset Management dazugehören; jedoch wird dieses Thema Gegenstand eines besonderen Artikels sein.